Freitag, 8. November 2013

Ungarn - Grundrechte in Gefahr

Was sind eigentlich Grundrechte?
Grundrechte sind wesentliche Rechte. Sie werden den Mitgliedern der Gesellschaft gegenüber Staaten als beständig, dauerhaft und einklagbar garantiert. Um diese Definition näher zu erklären, eignet sich folgendes Beispiel. Hat ein Bürger eine andere Meinung als die Regierung und möchte die Person seine Meinung z. B. in der Zeitung kundtun, aber die Regierung verbietet ihm das, so kann er dieses Grundrecht, die Meinungsfreiheit, vor Gericht einklagen. Außerdem unterscheidet man in diesem Zusammenhang zwischen Bürgerrechten (z. B. das Wahlrecht), die nur den Mitgliedern des jeweiligen Staates zustehen und Menschenrechten (Recht auf Leben), die jeder von Geburt an hat. Grundrechte werden in der Verfassung des Staates festgehalten und sind das Fundament, also die Grundlage, das kein Gesetz verletzen darf. Grundrechte schränken die Macht der Regierung also durchaus ein.

…Und in Ungarn?
In Ungarn gelten verschiedene allgemeine Grundrechte, die wir in Deutschland auch kennen. In beiden Verfassungen findet sich beispielsweise der Satz: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“
Eine wichtige Besonderheit der ungarischen Verfassung ist der Artikel 1 des Abschnittes FREIHEIT UND VERANTWORTUNG, der besagt, dass Grundrechte im Interesse des „Schutzes eines Wertes der Verfassung“ eingeschränkt werden können. Außerdem gibt es in der ungarischen Verfassung keine Ewigkeitsklausel, das heißt eine Art Regel, die bestimmte Artikel vor Veränderung schützt. In Deutschland haben wir eine solche Klausel. Diese dient dem Schutz der Verfassung und somit der Grundrechte, da sie jeden Eingriff in die Verfassung untersagt. In Ungarn ist das anders. Hat die Regierung hier eine Zweidrittelmehrheit, so kann die Verfassung von dieser geändert werden. 

Warum sind die Bürgerrechte in Gefahr?
Um diese Frage zu beantworten, lohnt ein Blick ins ungarische Parlament und seine Mehrheitsverhältnisse.   Hier hat die Regierungspartei Fidesz-MPSZ mehr als 2/3 aller Sitze im Parlament (263 von 386 Sitzen). Mit einer so großen Mehrheit ist es nun möglich die Verfassung Ungarns zu ändern. Und das tut sie auch am 11. März 2013 schon zum zweitem mal im Abstand von grade einmal 14 Monaten. Da die Grundrechte in der Verfassung stehen können auch die Grundrechte geändert werden. Das Grundrechte so selbst hat an Wert verlieren, kann jeder sich vorstellen, da diese jeder Zeit geändert oder sogar abgeschafft werden können.

Welche Folgen hat das für die Bevölkerung?
Die Verfassung aus dem März 2013 hat vor allem in der Justiz, also dem rechtsprechendem, gerichtlichem Staatsorgan, weitreichende Veränderungen vorgenommen. Ein wichtiges Grundrecht der Menschen ist es, vor Gericht gleich behandelt zu werden. Soziale Schicht, Alter, Geschlecht, Herkunft oder Hautfarbe dürfen keine Rolle spielen - vor Gericht sollte jeder gleich sein. Um das zu gewährleisten ist die Justiz weitgehend unabhängig. In Ungarn ist das jetzt nicht mehr garantiert. Die ungarische Regierung kann nun endscheiden, welcher Fall von welchem Richter bearbeitet wird. Das Verfassungsgericht, das eigentlich prüfen soll, ob die neuen bzw. veränderten Gesetze überhaupt erlaubt sind, darf aufgrund der neuen Verfassung neue Gesetze nicht mehr aus inhaltlichen Gründen zurückweisen. So ist das Verfassungsgericht im Grunde macht- und funktionslos. Die Regierung kann jedes Gesetz erlassen, ohne dieses überprüfen zu lassen. Auf der Grundlage, eben dieser Verfassung, werden Gesetze erlassen, die zuvor als verfassungswidrig eingestuft wurden. Für uns ist es kaum vorstellbar, aber in Ungarn ist es den Obdachlosen nun verboten sich auf der Straße oder anderen öffentlichen Plätzen aufzuhalten oder diesen öffentlichen Raum als Wohnraum zu nutzen. Auch die Wahlwerbung im öffentlichen Rundfunk wurde verboten. Dadurch wird die Pressefreiheit eingeschränkt und die Bevölkerung hat weniger Informationsquellen. Außerdem wird so kleineren Parteien die Stimme genommen. Darüber hinaus sieht die Verfassungsänderung vor, dass die Meinungsfreiheit zum Schutze der "Würde der ungarischen Nation sowie von nationalen und konfessionellen Gemeinschaften" eingeschränkt werden darf. Was das genau heißt, wird nicht näher erklärt, es kann aber  wegen gerade dieser Änderung strafbar sein eine bestimmte Meinung zu haben. Politische Gegner aus dem Weg zu räumen ist also für die ungarische Regierung zu einem geringeren Problem geworden.

Was kann man dagegen tun?
Die Europäische Union (EU) hat Ungarn Fördergelder aberkannt, weil ein derartiger Umgang mit den Grundrechten für viele nicht in Ordnung ist und Ungarn sich weigert offen zu legen, wohin diese Fördergelder fließen und wem sie zu Gute kommen. So gehen Ungarn rund 2Milliarden Euro verloren.  Geld, das Ungarn gut gebrauchen könnte und das tut auch der ungarischen Regierung weh.


S-J. M.
Quellen:   Bundeszentrale für Politische Bildung,
                Spiegel Online,


                Grundgesetz Ungarns  

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